Schiessplatz Simplon | Walliser Kantonsregierung bezieht Stellung gegen Walliser Bundesrätin
Amherd im «friendly fire»
In ihrer Stellungnahme zum VBS-Ausbauprojekt auf dem Simplon belässt es die Walliser Kantonsregierung nicht allein auf Anmerkungen technischer Natur. Sie schiebt einen kleinen Satz hinterher, der politisch eine grosse Sprengkraft birgt.
Bisher war es ein Kampf zwischen David und Goliath, zwischen privaten Hüttenbesitzern sowie Landschaftsschutzverbänden auf der einen, und dem Eidgenössischen Verteidigungsdepartement VBS auf der anderen Seite. Während sich die Projektgegner mit über 30 Einsprachen und fast 10'000 Unterschriften gegen den Ausbau des Schiessplatzes rund um das Barralhaus wehren, schickt das VBS eine ganze Armada von Juristen und Fachexperten ins amtliche Gefecht.
«Heikles Dossier» mit Brisanz
Das VBS will für rund 30 Mio. Franken den Artillerie-Schiessplatz auf dem Simplon ausbauen. Nebst der Sanierung des Barralhauses ist ein imposanter Neubau eines 50 Meter langen Betriebsgebäudes geplant. Inmitten der «Spittelmatten» soll zudem ein acht Meter breiter Rundkurs für Panzer entstehen. Hier will die Armee künftig mit den neu angeschafften 12-cm-Mörsern üben. Unterstützung erhält sie dabei von jenen, die vom Militär auf dem Simplon auch leben. Die Geteilschaft «Simplon-Bergalpe» sowie die Gemeinde Simplon bekämpfen die Pläne nicht. Die Projektgegner ihrerseits sehen mit der Panzerpiste, diesem riesigen Oval, ein Alpenidyll und historisches Ortsbild bedroht. Und jetzt ist auch bekannt, wie Sitten zu den Plänen aus Bundesbern steht.
Die Walliser Kantonsregierung sieht «Optimierungsbedarf» beim Projekt und bittet deshalb die Bauherrin Armasuisse, «die von den betroffenen kantonalen Dienststellen und der Standortgemeinde geäusserten Bedingungen, Auflagen und Bemerkungen im weiteren Verlauf des Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen». Dies geht aus dem Begleitschreiben hervor, das der Staatsrat vergangene Woche gemeinsam mit den Stellungnahmen der Kantonsverwaltung nach Bern geschickt hatte und das auch dieser Zeitung vorliegt. Um was es bei den beanstandeten Punkten genau geht, will man mit Verweis auf das laufende Plangenehmigungsverfahren nicht sagen.
Interessant ist aber der letzte Satz, der – so heisst es aus regierungsnahen Kreisen – so eigentlich nicht vorgesehen war und auf drängen des Staatsrates nachgeschoben wurde: «Die Regierung», heisst es da, «stellt sich die Frage nach der Opportunität dieses Projekts und allfälliger Alternativen.» Das ist «Beamtendeutsch» und heisst übersetzt so viel wie: Die Walliser Kantonsregierung stellt das VBS-Projekt auf dem Simplon grundsätzlich infrage. Damit bezieht sie auch Stellung gegen die Walliser Bundesrätin Viola Amherd, die mit ihrem Amtsantritt an der VBS-Spitze vor einem Jahr auch dieses Dossier übernommen hat.
Staatsratspräsident Roberto Schmidt bestätigt auf Anfrage die entsprechende Botschaft an das VBS. «Wir stellen uns ernsthaft die Frage nach der Zweckmässigkeit des Projekts an diesem Ort.» Man erachte die Ausbaupläne als «heikles Dossier» mit einer gewissen Brisanz, das man nicht einfach so kommentarlos durchwinken könne; auch wenn der Staatsrat nicht die Entscheidungsbehörde sei. «Aber», so Schmidt weiter, «wir sind vor allem skeptisch, was den massiven Eingriff in die Landschaft und allfällige Folgen auch für den Tourismus betrifft.» Man verlange deshalb auch von der VBS-Chefin, künftig in den Dialog miteinbezogen zu werden. Damit übernimmt die Regierung ein Stück weit dieselbe Argumentation wie die Hüttenbesitzer rund um die «Spittelmatten». Seitdem die Pläne öffentlich aufliegen, fühlen sie sich vom VBS überrumpelt.
Hohe Erwartungen
Im Kampf David gegen Goliath verschieben sich mit der Stellungnahme der Kantonsregierung womöglich die Kräfteverhältnisse ein wenig. Und die VBS-Chefin könnte dadurch zwischen die Fronten geraten. Hier die Armee, für die der Ausbau des Schiessplatzes ein wichtiger Bestandteil vor allem für die Ausbildung darstellt. Auf der anderen Seite neben den Hüttenbesitzern nun auch «ihr» Kanton, wo die Kontaktwege zur Bundesrätin kürzer und die Erwartungen umso höher sind. Amherd droht nun, unter Beschuss von verbündeten Truppen zu geraten, ins «friendly fire», wie man im Militärjargon sagt. Sie selbst hat sich bis jetzt nie offiziell zum Projekt geäussert und stets auf das laufende Verfahren verwiesen.
David Biner
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