Raumplanung | Über 100 Unterschriften gegen Rückzonungspläne des Gemeinderats gesammelt
Bevölkerung will mitreden
Agarn | Cecile Matter und Susanne Hugo-Lötscher haben 117 Unterschriften gesammelt, damit die Bevölkerung von Agarn bei den anstehenden Baulandrückzonungen ein Wörtchen mitreden kann. Der Gemeinderat lenkt ein und will sich mit den Initiantinnen zu einem Gespräch treffen.
«Wir haben schon mehrfach an den Urversammlungen darauf hingewiesen, dass wir in diesem Dossier eine Mitwirkung der Bevölkerung möchten sowie transparentere Informationen, sodass alle nachvollziehen können, wie und warum welche Entscheide zustande kommen», sagt Hugo-Lötscher auf Anfrage. Die ehemalige SP-Grossrätin betont, dass ihre Initiative nicht politisch motiviert sei. Sie selbst habe sich schon längst von der Politik verabschiedet und Cecile Matter, die treibende Kraft hinter der Initiative, sei einfach eine Bürgerin von Agarn, die Raumplanung studiert habe und sich deshalb bestens mit der Materie auskenne.
8,8 Hektaren Bauland zu viel
Im Zuge des neuen Raumplanungsgesetzes muss das 750-Seelen-Dorf Agarn stattliche 8,8 Hektaren Bauland zurückzonen. «Die über 100 Unterschriften zeigen, dass in der Bevölkerung der Wunsch nach einem besseren Austausch da ist. Es ist nie eine öffentliche Analyse gemacht worden, wie sich die Gemeinde weiterentwickeln soll oder welche Wünsche und Bedürfnisse die Bevölkerung hat», bemängelt Hugo-Lötscher. Noch habe man Zeit, miteinander darüber zu reden. Sie sei überzeugt, dass das eine Chance und ein Gewinn für ganz Agarn wäre. Das sieht auch Cecile Matter so und merkt auf Anfrage an, dass eine partizipative Mitwirkung der Bevölkerung im Raumplanungsgesetz sogar explizit vorgeschrieben sei: «Bei Rückzonungen sind Interessenkonflikte vorprogrammiert. Deshalb ist es wichtig, mitreden zu können. Und das, bevor die Fronten verhärtet sind und man nur noch über Einsprachen reagieren kann», ergänzt Hugo-Lötscher. «Bislang hatten wir nur Einblick in die Planungszone. Dort sieht man, welche Parzellen Gefahr laufen, ausgezont zu werden. Für uns ist nicht nachvollziehbar, warum dort manche Parzellen drin sind und andere nicht», begründet Cecile Matter ihre Initiative.
Unbefangenheit infrage gestellt
Bei der Umsetzung des neuen Raumplanungsgesetzes gibt es je nach Gemeinde verschiedene Modelle. Brig-Glis beispielsweise setzte auf einen externen, unabhängigen Raumplaner, während St. Niklaus von Anfang an die Bevölkerung in den Prozess miteingebunden hat. In Agarn delegierte der Gemeinderat das Dossier derweil an eine Kommission, bestehend aus dem Ortsplaner sowie Personen aus dem Dorf. In der Folge wurden kritische Stimmen laut, die befürchten, dass die Kommissionsmitglieder befangen sind und in ihren Entscheidungen manche Einwohner bevorzugen beziehungsweise benachteiligen. «Besser wäre ein offener Dialog mit externer Begleitung, damit kein Verdacht von Befangenheit aufkommt», findet Hugo-Lötscher.
Wie Gemeindepräsident Thomas Matter auf Anfrage sagt, habe der Gemeinderat früh damit begonnen, die Bevölkerung an Urversammlungen und Informationsanlässen über das neue Raumplanungsgesetz zu informieren: «Gut fünf Jahre gab es praktisch keine Echos aus der Bevölkerung. Umso mehr überrascht mich jetzt diese Reaktion mit über 100 Unterschriften. Wahrscheinlich haben manche das Raumplanungsgesetz vor sich hergeschoben und gehofft, das würde sich von selbst regeln. Und jetzt, wo es konkret wird, wird man nervös.»
Gemeindepräsident nimmt Initiative ernst
Wie Matter weiter ausführt, ist das neue Gesetz ziemlich komplex: «Wir agieren zwischen Gemeinde, Kanton und Bund. Da ist es teils sehr schwierig, nach oben und unten allen gerecht zu werden.» Zur Unbefangenheit der Raumplanungskommission, die den Entwurf des neuen Zonennutzungsplans von Agarn ausgearbeitet hat, sagt der Gemeindepräsident: «Der Gemeinderat hat sich gut überlegt, wer dort Einsitz nehmen soll. Aus meiner Sicht ist die Kommission breit abgestützt. Vom Juristen über Betroffene bis hin zu nicht Betroffenen sind da allerlei Leute vertreten. Zudem sehe ich den Ortsplaner als unbeteiligten Berater.» Klar könnte man das Ganze alternativ über ein externes Mandat abwickeln. Doch das sei auch eine Kostenfrage. Eine Stadt wie Brig-Glis könne sich das locker leisten. Agarn mit seinen 750 Einwohner habe da indessen andere Voraussetzungen.
Nichtsdestotrotz hat Matter ein offenes Ohr für die Anliegen aus der Bevölkerung und nimmt die Unterschriftensammlung ernst: «Nach der Urversammlung von morgen Mittwoch treffen wir uns am Freitag mit den Initiantinnen. Denkbar wären in der Folge beispielsweise Info-Sitzungen, wo die Bevölkerung ihre Anliegen deponieren und mitreden kann.» Agarn sei viel zu klein, als dass der Gemeinderat abgehoben über das Dorf bestimmen könnte.
Martin Kalbermatten
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