Hanau | Bisher sei es sehr schwierig, eine Radikalisierung im Stillen zu erkennen
Nach Anschlag: Mehr Befugnisse für Verfassungsschutz gefordert
Als Konsequenz aus dem offenbar rassistisch motivierten Anschlag in Hanau hat der stellvertretende Unionsfraktionschef im deutschen Parlament, Thorsten Frei, erweiterte Befugnisse für den deutschen Verfassungsschutz gefordert.
Das Amt müsse mehr Möglichkeiten erhalten, um die Kommunikation von Einzelpersonen zu überwachen, sagte der CDU-Politiker der Zeitung "Die Welt". Bisher sei es für die Sicherheitsbehörden sehr schwierig, eine Radikalisierung zu erkennen, die sich im Stillen und ausserhalb eines Gruppenzusammenhangs vollziehe.
Frei forderte konkret erweiterte Kompetenzen für den Verfassungsschutz unter anderem bei der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Dabei handelt es sich um den Zugriff auf elektronische Kommunikation, bevor diese standardmässig verschlüsselt wird, oder um deren nachträgliche Entschlüsselung.
Der CDU-Politiker verlangte auch erweiterte Möglichkeiten für die sogenannte Online-Durchsuchung, also das Eindringen in Computer oder Smartphones mittels versteckter Software.
Frei kündigte zudem an, dass seine Fraktion eine mögliche weitere Verschärfung des Waffenrechts "sehr genau prüfen" wolle. Ziel sei es, "mehr Sicherheit im Land" zu schaffen, ohne allerdings Sportschützen und Jäger mit unnötiger Bürokratie zu belasten.
Allerdings war erst am Donnerstag eine Verschärfung des Waffenrechts in Kraft getreten. Erforderlich ist nun eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz vor Erteilung eines Waffenscheins.
Waffenrecht bereits verschärft
Mitglieder einer verfassungsfeindlichen Vereinigung können damit als "waffenrechtlich unzuverlässig" eingestuft werden. Das verschärfte Waffenrecht ist Teil des Massnahmenpakets gegen Rechtsextremismus, das die Bundesregierung nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle auf den Weg gebracht hatte.
Nach Angaben des hessischen Innenministers Peter Beuth handelte es sich bei dem mutmasslichen Täter von Hanau um einen Sportschützen. Der 43-jährige Tobias R. sei legal im Besitz von Waffen gewesen.
Insgesamt sind derzeit in Deutschland mehr als eine halbe Million Schusswaffen legal in Privatbesitz, wie die "Bild"-Zeitung in ihrer Freitagsausgabe berichtet. Im Nationalen Waffenregister seien zum Jahresende 2019 genau 5.444.029 Schusswaffen in Privatbesitz verzeichnet gewesen. Das seien 2,06 Prozent mehr gewesen als noch 2015.
Nach den bisherigen Angaben der Ermittler gibt es keine Hinweise darauf, dass Tobias R. Mittäter hatte. Generalbundesanwalt Peter Frank prüft jedoch, ob der Mann Mitwisser oder Unterstützer hatte.
In Hanau waren am Mittwochabend neun Menschen mit Migrationshintergrund in einer Shisha-Bar und einem Kiosk mit angegliedertem Café erschossen worden. R. und seine Mutter wurden danach von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei tot in einer Wohnung aufgefunden.
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