Massenprotest | Gesetz aus der britischen Kolonialzeit
Hongkongs Regierung verbietet Tragen von Masken bei Demonstrationen
Angesichts der Massenproteste greift die Regierung in Hongkong auf ein Notstandsgesetz aus der britischen Kolonialzeit zurück: Regierungschefin Carrie Lam verhängte am Freitag ein Vermummungsverbot gegen die Demonstranten, um diese besser verfolgen zu können.
Das Verbot sollte in der Nacht zum Samstag in Kraft treten. Nach der Verkündung protestierten am Freitag erneut tausende maskierte Demonstranten gegen die pekingtreue Regierung. Unter anderem errichteten sie Strassenbarrikaden im Geschäftsviertel der chinesischen Sonderverwaltungszone.
Mit dem Tragen von Atemschutzmasken wollen die Demonstranten verhindern, identifiziert zu werden. Sie schützen sich damit aber auch gegen das Tränengas, das die Polizei gegen sie einsetzt.
Lam sagte, die Regierung glaube an eine abschreckende Wirkung des neuen Gesetzes auf maskierte gewalttätige Demonstranten und Randalierer. Es werde "die Polizei bei der Strafverfolgung unterstützen". Bei Zuwiderhandlung droht Demonstranten bis zu ein Jahr Haft.
"Anfang vom Ende Hongkongs"
Der bekannte Aktivist Joshua Wong sprach vom "Anfang vom Ende Hongkongs". Es sei eine Ironie, dass "eine Waffe der Kolonialzeit von der Regierung Hongkongs und der Kommunistischen Partei Chinas genutzt wird", sagte er.
"Das ist ein Wendepunkt", sagte die Pro-Demokratie-Abgeordnete Claudia Mo. "Noch drakonischere Verbote im Namen des Gesetzes könnten an der nächsten Ecke lauern." Es ist das erste Mal seit 52 Jahren, dass die Regierung der Stadt das Notstandsgesetz in Anspruch nimmt. Lam umgeht damit das Parlament.
Die Regierungschefin kündigte am Freitag auch an, weitere Schritte gemäss dem Notstandsgesetz zu erwägen, sollte die Gewalt in Hongkong weiter eskalieren. Das Gesetz wurde 1922 von den Briten eingeführt, um Proteste chinesischer Matrosen gegen niedrige Löhne einzudämmen. Es erlaubt dem Regierungschef im Notfall oder bei einer drohenden öffentlichen Gefahr "Vorschriften jedweder Art" zu erlassen.
Zweifel an gewünschtem Effekt
Simon Young, Jura-Professor an der Hongkonger Universität, bezweifelt, dass das Vermummungsverbot den von der Regierung gewünschten Effekt haben wird. "Es könnte sogar mehr Menschen auf die Strasse bringen, einfach weil sie das Gefühl verspüren, gegen die Gewalt der Herrschenden demonstrieren zu müssen", sagte er.
In Hongkong gibt es seit Monaten Massenproteste gegen die wachsende Einflussnahme der Regierung in Peking und die Beschneidung der Bürgerrechte. Die Demonstrationen hatten sich anfänglich gegen ein geplantes Gesetz gerichtet, das Überstellungen von Verdächtigen an Festland-China vorsah. Mittlerweile richten sich die Proteste aber generell gegen die prochinesische Führung in Hongkong und die Einschränkung der Demokratie.
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