Streik | Festgefahrener Tarifkonflikt in der deutschen Metall- und Elektroindustrie
Deutsche IG Metall ruft zu 24-Stunden-Warnstreiks auf
Nach dem Scheitern der jüngsten Verhandlungsrunde im festgefahrenen Tarifkonflikt in der deutschen Metall- und Elektroindustrie hat die IG Metall erstmals ganztägige Warnstreiks beschlossen. Die Gewerkschaft rufe die Beschäftigten in über 250 Betrieben ab kommender Woche zu 24-stündigen Arbeitsniederlegungen auf, sagte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann am Samstag.
Beide Verhandlungsseiten machten sich gegenseitig für das Scheitern der Gespräche im Pilotbezirk Baden-Württemberg verantwortlich, die Arbeitgeber kündigten Klage gegen die geplanten Streiks an.
"Die Arbeitgeber haben es offensichtlich gezielt auf eine Eskalation angelegt und hatten nie die Absicht zur Einigung", erklärte Hofmann.
Weder bei den Lohnforderungen noch bei der Debatte über flexible Arbeitszeiten hätten sich die Arbeitgeber ausreichend bewegt. Das würden sich die Beschäftigten "nicht gefallen lassen" - daher werde die IG Metall den Druck erhöhen. Dann werde sich zeigen, ob es Sinn ergebe, erneut an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Die geplanten Arbeitsniederlegungen stehen unter dem Vorbehalt positiver Mitgliedervoten in den ausgewählten Betrieben. Diese sollen am Montag und Dienstag organisiert werden. Von Mittwoch bis Freitag könnte es dann zu den 24-Stunden-Warnstreiks kommen, kündigte Hofmann in Stuttgart an. Zugleich habe der Vorstand die Bezirke dazu aufgerufen, Urabstimmungen über Flächenstreiks vorzubereiten, sagte er.
Die Tarifrunde im Pilotbezirk Baden-Württemberg war am Samstagvormittag ergebnislos abgebrochen worden. Die Fronten sind verhärtet. Die IG Metall fordert ein deutliches Lohnplus, einen Anspruch auf kurze Vollzeit und Zuschüsse für bestimmte Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit reduzieren.
Knackpunkt Zuschuss
Knackpunkt der Verhandlungen war laut IG Metall bis zum Schluss der von der Gewerkschaft geforderte Zuschuss für Beschäftigte mit Kindern, pflegebedürftigen Angehörigen oder in Schichtarbeit.
Ein alternatives Lösungsmodell mit "bezahlter Zeit anstelle von Geld" hätten die Arbeitgeber ebenfalls abgelehnt. Beim Recht auf die 28-Stunden-Woche habe es hingegen Annäherungen gegeben, dabei habe die Gewerkschaft den Arbeitgebern Spielräume bei der Anpassung der Arbeitszeit nach oben zugestanden.
Der Arbeitgeberverband Südwestmetall sprach seinerseits von "nicht erfüllbaren Bedingungen" der Gewerkschaft und übte scharfe Kritik. Sie hätten sich "Schritt für Schritt auf die IG Metall zubewegt", erklärte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf nach dem Scheitern der Tarifrunde.
Klage gegen "rechtswidrige Streiks"
Letztlich habe die Gewerkschaft aber ein "Gesamtvolumen von acht Prozent" mehr Lohn für 27 Monate gefordert und bei der Arbeitszeit den "begünstigten Personenkreis immer weiter gesteckt".
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall kündigte zudem an, dass die einzelnen Verbände gleich am Montag Klage gegen die "rechtswidrigen Streiks der IG Metall einreichen werden". Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger warf seinerseits der Gewerkschaft vor, sie habe "von Anfang an keinerlei Interesse an einem Kompromiss" gehabt.
Viele Unternehmen treffen die Ausstände empfindlich, weil die Auftragsbücher randvoll sind und bei Produktionsausfällen die Kunden nicht beliefert werden können. "Ich möchte keinen Zweifel an unserer Stärke lassen, Streiks zu tragen", sagte Dulger. In den vergangenen beiden Wochen hatten schon mehr als 900'000 Beschäftigte im ganzen Land stundenweise die Arbeit niedergelegt.
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