Ostern | Keine grösseren Feierlichkeiten und kaum Gottesdienste weltweit
Corona global: Wie ein Virus die Welt verändert
So ein Osterfest hat es wohl noch nie gegeben: Keine grösseren Feierlichkeiten, kaum Gottesdienste weltweit. Der Papst bleibt beim Abendmahl am Gründonnerstag fast alleine. Ein Blick auf die Corona-Lage rund um den Globus.
VATIKAN - Papst fast alleine beim Abendmahl
Normalerweise reisen Tausende Gläubige aus aller Welt zur traditionellen Karfreitags-Prozession nach Rom. Wegen der Corona-Pandemie wurde sie vom Kolosseum auf den Petersplatz verlegt - ohne Pilger. Für sie wurde stattdessen ein Live-Stream im Internet organisiert. Bei der Prozession werden das Leiden Jesus' und sein Weg zum Tod am Kreuz traditionell in 14 Stationen nachgestellt.
Schon beim feierlichen Abendmahl am Gründonnerstag war Papst Franziskus im Petersdom fast alleine. Mit ihm begingen nur wenige kirchliche Würdenträger die traditionelle Messe. Der 83 Jahre alte Papst erinnerte an Priester, Ärzte und Pfleger, die in der Corona-Krise Grosses leisten würden und von denen viele an der Covid-19-Krankheit gestorben seien.
Die traditionelle Fusswaschung war wegen der Gesundheitsrisiken abgesagt worden. Auch andere Teile der Feier entfielen. Am Gründonnerstag beginnt für die Christen weltweit das Erinnern an Leiden, Tod und Auferstehung Jesu. Auch die Messen zum Osterfest und den traditionellen Segen "Urbi et Orbi" am Sonntag wird der Papst, dem der Kontakt zu den Gläubigen eigentlich sehr wichtig ist, ohne Pilger feiern.
ÖSTERREICH - Strassensperren für Osterspaziergänge
Wien wird ab dem Osterwochenende zunächst vier Strassen für Autos quasi sperren und den Menschen so mehr Platz für Spaziergänge und Entspannung geben. In den kommenden Wochen sollen fünf weitere Strassen folgen. Diese Begegnungszonen entstehen vor allem in Bezirken der österreichischen Hauptstadt, in denen es wenige Parks oder Freiflächen gibt. Autos dürfen diese Zonen dann mit maximal 20 Stundenkilometern durchfahren, auch das Parken von Fahrzeugen bleibt erlaubt.
Die Stadt Wien hatte zuletzt scharf kritisiert, dass der Bund im Kampf gegen das Coronavirus auch grosse Parkanlagen wie Schloss Schönbrunn oder den Augarten geschlossen hält. Für das Osterwochenende werden strahlender Sonnenschein und Temperaturen über 20 Grad erwartet, die Menschen wird es daher trotz aller Abstandsregeln nach draussen ziehen. Vor allem in den durchaus dicht bebauten Innenstadtbezirken könnte es dann eng werden.
In Österreich hat sich die Zahl der neuen Sars-CoV-2-Infektionen in den vergangenen Tagen durchaus positiv entwickelt, die tägliche Zuwachsrate liegt stets unter drei Prozent. Ab kommenden Dienstag öffnen daher in der Alpenrepublik wieder kleine Geschäfte sowie Bau- und Gartenmärkte. Im Gegenzug muss bei Lebensmitteleinkäufen und künftig neu auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden.
RUSSLAND - Moskau schliesst die Friedhöfe
Die russische Hauptstadt Moskau schliesst für die nächsten Wochen ihre Friedhöfe. Bürgermeister Sergej Sobjanin begründet den Schritt mit dem Osterfest, das in mehreren orthodoxen Kirchen erst eine Woche später als in Deutschland gefeiert wird. Normalerweise besuchten in dieser Zeit rund eine Million Moskauer die Grabstätten ihrer Angehörigen, schrieb Sobjanin. "Leider wird das in diesem Frühjahr nicht möglich sein."
Viele Russen richten am Sonntag vor Ostern die Gräber ihrer Verstorbenen nach dem Winter her. Nicht wenige nutzen die Anlagen auch für Spaziergänge, weil bereits alle Parks geschlossen wurden.
Die Russisch-Orthodoxe Kirche verteidigte das Vorgehen der Behörden als eine "vernünftige Massnahme". Ohnehin sei Ostern ein Fest der Freude und nicht der Trauer um Verstorbene. In Moskau gilt aktuell eine allgemeine Ausgangssperre. Die Wohnung darf demnach nur verlassen, wer etwa zur Arbeit, zum Arzt oder einkaufen gehen muss.
FRANKREICH - Dramatische Situation in Pflege und Altersheimen
In Frankreich spitzt sich die Corona-Krise besonders in den Pflege- und Altersheimen zu. Bis Donnerstag starben dort offiziellen Angaben zufolge mehr als 4160 Menschen - das ist gut ein Drittel der insgesamt mehr als 12 200 bisher verzeichneten Todesfälle im Land. Es sei eine "beispiellose Herausforderung", sagte die Generaldirektorin der Pflegeheim-Kette Korian, Sophie Boissard, am Freitag dem Radiosender RTL. In den Einrichtungen der Gruppe mit landesweit rund 23 000 Bewohnern habe es bereits 356 Todesfälle gegeben.
Frankreichs Gesundheitsminister Olivier Véran kündigte zu Beginn der Woche verstärkte Tests auf das Virus Sars-CoV-2 bei Pflegepersonal in Altersheimen und sozialen Pflegeeinrichtungen an. Der Verband öffentlicher Krankenhäuser Frankreichs pochte am Donnerstag auf einen Notfallplan. Verbandspräsident Frédéric Valletoux forderte in einem Brief an Véran ein "entscheidendes Eingreifen". Es gebe gleichzeitig hohe Fehlzeiten beim Personal und einem dramatischen Anstieg des Pflegebedarfs.
Über die Situation in den Altersheimen gibt es dramatische Berichte in den französischen Medien. In einem der grössten Pariser Heime sollen mehr als drei Dutzend Menschen in Folge der Covid-19-Pandemie gestorben sein, mehr als 100 Seniorinnen und Senioren haben sich mit dem Virus infiziert. In einem Altersheim in der Nähe von Cannes in Südfrankreich sind Berichten nach fast 30 Menschen gestorben.
USA - Trump sieht den Gipfel der Krise erreicht
US-Präsident Donald Trump hofft trotz dramatischer Todeszahlen in den USA auf eine baldige Besserung in der Krise. "Ich bin ziemlich sicher, dass wir auf dem Gipfel des Hügels sind. Und jetzt gehen wir herunter. In einigen Fällen haben wir diesen Prozess schon begonnen", sagte Trump am Donnerstagabend (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz im Weissen Haus. Vizepräsident Mike Pence formulierte es etwas zurückhaltender, bemühte sich aber auch darum, Zuversicht zu verbreiten. "Es gibt Anzeichen für Fortschritte. Und Hoffnung wird sichtbar", sagte Pence.
Alleine am Donnerstag starben nach Daten der Universität Johns Hopkins in Baltimore aber 1783 Menschen in den USA nach einer Infektion mit dem Coronavirus. Die Zahl der Toten seit Beginn der Epidemie stieg damit auf rund 16 500 - mehr als Spanien und schon fast so viele wie in Italien. Der Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten, der Virologe Anthony Fauci, sprach von einer "schlimmen Woche". "Tatsächlich scheint es jeden Tag einen Rekord im Vergleich zum Vortag zu geben." Aber auch er erklärte, es gebe Hoffnung, weil die Zahl der Neuaufnahmen im Krankenhaus "dramatisch" sinke. "Das geht in die richtige Richtung", sagte Fauci.
JEMEN - Erste Infizierung in dem kriegsgeplagten Land
Seit mehr als fünf Jahren tobt im Jemen ein Bürgerkrieg. Die Huthi-Rebelen kämpfen dort gegen die international anerkannte Regierung, die vom benachbarten Königreich Saudi-Arabien unterstützt wird. Der lange Konflikt hat in dem ohnehin bettelarmen Land eine unvorstellbare humanitäre Krise ausgelöst - die UN sprechen von der schlimmsten der Neuzeit. Mehr als 20 Millionen Menschen sind auf Unterstützung angewiesen, unter anderem auf Nahrungsmittelhilfen. Hunger gehört für viele Menschen im Jemen zum Alltag.
Und jetzt hat das Land auch noch den ersten Coronafall gemeldet. Schon seit langem warnen Hilfsorganisationen, sollte sich die Lungenkrankheit Covid-19 im Jemen ausbreiten, könnte es besonders viele Opfer geben. Nur rund die Hälfte aller medizinischen Einrichtungen sind Hilfsorganisationen zufolge überhaupt noch in vollem Umfang in Betrieb. Im ganzen Land gibt es nur drei Testlabors.
Zumindest hat die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition in dieser Woche einseitig eine zweiwöchige Waffenruhe erklärt - ein kleiner Hoffnungsschimmer für das gebeutelte Land.
VENEZUELA - Flüchtlinge kehren zurück
Venezolaner, die vor der Wirtschaftskrise ihres Landes ins Ausland geflüchtet waren, kehren angesichts der Corona-Krise in die Heimat zurück. "Viele haben in den vergangenen Tagen und Wochen entschieden zurückzugehen, und ich denke, mehr werden folgen", sagt Dominika Arseniuk, Länder-Direktorin des Norwegian Refugee Council in Kolumbien. Die Rückkehrer kommen aus Ecuador, Peru oder Panama; vor allem aber aus Kolumbien, das offiziell 1,8 Millionen Flüchtlinge aus dem Nachbarland aufgenommen hat. Genaue Zahlen gibt es nicht.
Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung des Coronavirus haben das Leben der venezolanischen Flüchtlinge in Kolumbien und anderen Ländern Südamerikas noch schwieriger gemacht. Viele besitzen keine Papiere und haben als erste ihre Jobs als Tagelöhner verloren. Aus Geldmangel werden sie schnell obdachlos. "Sie erzählen uns, in Venezuela hätten sie jedenfalls keine Miete zu zahlen", sagt Arseniuk.
Das einst reiche Venezuela steckt in einer tiefen wirtschaftlichen Krise. Das Land mit den grössten bekannten Erdölreserven der Welt gilt zugleich als einer der korruptesten Staaten weltweit. Viele Militärs und Politiker sollen in kriminelle Geschäfte wie illegalen Bergbau und Drogenhandel verwickelt sein. Zudem tobt seit mehr als einem Jahr ein Machtkampf zwischen dem selbst ernannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó und dem autoritär regierenden sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro. Letzterer sitzt jedoch fest im Sattel, auch weil er das Militär auf seiner Seite und die Polizei im Griff hat.
SÜDKOREA - Gute Nachrichten aus Fernost
Aus Asien kommen weiter gute Nachrichten in der Krise. Die Zahl der täglich erfassten Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Südkorea ist erstmals seit Februar auf unter 30 gefallen. Am Donnerstag seien nur 27 Menschen positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden, teilten die Gesundheitsbehörden mit. Die Gesamtzahl stieg damit auf 10 450. Es wurden 208 Todesfälle mit dem Virus in Verbindung gebracht.
Zum ersten Mal wurde kein Infektionsfall aus der südöstlichen Millionenstadt Daegu gemeldet, die im Mittelpunkt des Ausbruchs der Lungenkrankheit Covid-19 stand - quasi das südkoreanische Wuhan. Über die Hälfte aller Fälle im Land wurde in Daegu registriert.
Die Behörden sahen in den weiter rückläufigen Fallzahlen ein weiteres "positives Signal", ohne jedoch Entwarnung zu geben. In einigen Fällen sei die Quelle der Neuinfektion nicht bekannt, sagte Vizegesundheitsminister Kim Gang Lip. Es bestehe nach wie vor das Risiko einer zweiten Welle von Masseninfektionen. Die Menschen sollten sich trotz Ermüdungserscheinungen weiter an die Massnahmen halten, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen und den nötigen Abstand zu ihren Mitmenschen halten.
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