Justiz | Vorwürfe gegen ehemaligen Topmanager: Firmenkapital zweckentfremdet und private Verluste auf Nissan übertragen

Ehemaliger Nissan-Chef Ghosn nutzte für Flucht nach Libanon französischen Pass

Polizei verdächtige mehrere Personen, Ghosn bei der Flucht geholfen zu haben. Der Manager war einst in Japan als Star gefeiert worden. Er machte Renault und Nissan weltweit erfolgreich.
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Polizei verdächtige mehrere Personen, Ghosn bei der Flucht geholfen zu haben. Der Manager war einst in Japan als Star gefeiert worden. Er machte Renault und Nissan weltweit erfolgreich.
Foto: Keystone

Quelle: SDA 02.01.20 0
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Der frühere Nissan-Chef Carlos Ghosn hat einem Medienbericht zufolge auf seiner Flucht von Japan in den Libanon einen seiner zwei französischen Pässe genutzt. Der öffentlich-rechtliche japanische Sender NHK berichtete am Donnerstag, ein Gericht habe ihm gestattet, seinen Zweitpass zu behalten, sofern dieser von seinen Anwälten weggeschlossen werde.

Der ehemalige Topmanager besitzt die französische, die brasilianische und die libanesische Staatsangehörigkeit. Sein Anwalt Junichiro Hironaka hatte erklärt, die Anwälte seien im Besitz von drei Pässen Ghosns.

Vier Monate in Haft

Gegen Ghosn wird in Japan wegen Vorwürfen des finanziellen Fehlverhaltens ermittelt. Er sass rund vier Monate in Haft, war aber im Frühjahr unter strikten Auflagen aus der Haft entlassen worden. Sein Prozess in Japan hätte im Frühjahr beginnen sollen.

Doch der frühere Spitzenmanager setzte sich trotz eines Ausreiseverbots in den Libanon ab. NHK zufolge reiste Ghosn mit einem französischen Pass. Der Sender berichtete zudem, Polizei und Staatsanwaltschaft würden demnächst eine Untersuchung der Fluchtumstände einleiten.

Gemäss den Angaben sollen Aufnahmen von Überwachungskameras an Ghosns Wohnsitz und anderen Aufenthaltsorten des 65-Jährigen ausgewertet werden. Die Polizei verdächtige mehrere Personen, Ghosn bei der Flucht geholfen zu haben, berichtete der Sender. Die Behörden bestätigten den Medienbericht bislang nicht.

Ghosns Verteidiger hatten mehrfach versucht, ihren Mandanten gegen Zahlung einer Kaution frei zu bekommen. Sie scheiterten zunächst damit, weil die Staatsanwaltschaft Fluchtgefahr sah.

Fluchtabsicht bestritten

Ghosn hatte eine Fluchtabsicht bestritten und erklärt, er wolle sich vor Gericht verantworten, um seine Unschuld zu beweisen. Seine Anwälte argumentierten zudem, er sei viel zu bekannt, um unerkannt das Land verlassen zu können.

Einige Nationen genehmigen Zweitpässe - unter anderem wenn der Antragsteller in Länder reist, in denen bei der Einreise der Stempel aus einem anderen Land Probleme bereiten kann.

Ghosn war im November 2018 in Japan festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem vor, Firmenkapital zweckentfremdet und private Verluste auf Nissan übertragen zu haben. Ghosn sprach von einer Verschwörung bei Nissan, um ihn loszuwerden. Grund sei, dass er Nissan noch näher an den französischen Autobauer Renault heranführen wollte.

Der Manager war einst in Japan als Star gefeiert worden. Er schmiedete die Allianz zwischen Renault und Nissan und half dem japanischen Hersteller aus der Krise. Er machte beide Unternehmen weltweit erfolgreich. 2016 holte Ghosn auch Mitsubishi ins Boot.

Von seinen Spitzenposten bei Nissan und Mitsubishi wurde Ghosn nach seiner Festnahme entlassen. Später trat er auch als Renault-Chef zurück.

02. Januar 2020, 14:42
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Interpol-Haftbefehl gegen Ghosn

Nach der spektakulären Flucht des ehemaligen Renault- und Nissan-Chefs Carlos Ghosn in den Libanon überschlagen sich die Ereignisse. In der Türkei, über die Ghosn in den Libanon reiste, wurden am Donnerstag sieben mutmassliche Helfer des Managers festgenommen.

Derweil erhielt Libanon über die internationale Polizeibehörde Interpol einen Haftbefehl für den einst gefeierten Automanager. Der Antrag auf Basis einer so genannten "red notice" - der die Behörden auffordert, eine gesuchte Person mit dem Ziel der Auslieferung festzunehmen - sei bei internen libanesischen Sicherheitskräften eingegangen und müsse noch an die Justiz übermittelt werden, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Justizkreisen.

Bei der libanesischen Regierung war zunächst keine Stellungnahme erhältlich, ob und welche Schritte sie plant. Bei früheren Fällen, in denen der Libanon rote Ausschreibungen für im Land ansässige Staatsbürger erhielt, seien diese nicht inhaftiert worden, sagte der Insider. Ihre Pässe seien aber beschlagnahmt und die Verdächtigen auf Kaution freigesetzt worden.

Ghosn, der sowohl die die französische als auch die libanesische und brasilianische Staatsbürgerschaft hat, wurde über eine private Sicherheitsfirma aus Tokio über die Türkei in den Libanon geschmuggelt, wie Reuters von mit der Sache vertrauten Personen erfahren hatte.

In Japan angeklagt

Der 65-jährige steht in Japan wegen Untreue und finanziellen Fehlverhaltens beim japanischen Renault-Partner Nissan unter Anklage. Er war im vergangenen Frühjahr gegen eine Millionen-Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden und wurde während seines Hausarrests streng überwacht. Seine Pässe musste er abgeben.

Flugverfolgungsdaten deuten darauf hin, dass Ghosn für seine Flucht zwei verschiedene Flugzeuge nutzte, um nach Istanbul und dann in den Libanon zu fliegen. In der Türkei wurden nach Polizeiangaben sieben Personen festgenommen, darunter vier Piloten. Bei den anderen Verdächtigen handelt es sich um zwei Flughafenmitarbeiter und einen Frachtarbeiter. Von ihnen wurde noch für Donnerstag eine Stellungnahme vor Gericht erwartet. Insidern zufolge flog der Automanager am Montag mit einem Privatjet von Istanbul nach Beirut.

Einsame Weihnachten

Wie Reuters von Vertrauten von Ghosn erfuhr, haben erwartete Verzögerungen seines Prozesses in Japan und die Trennung von seiner Frau den Manager zur Flucht bewogen. Ghosn habe kürzlich bei einer Gerichtsverhandlung erfahren, dass einer seiner zwei Prozesse auf April 2021 von September 2020 verschoben werden sollte. Für beide Verfahren sei noch kein fester Termin festgelegt worden, aber es wurde allgemein erwartet, das mindestens einer der Prozesse im April beginnt.

 

Ghosn habe zudem belastet, dass er nicht mit seiner Frau Carole sprechen durfte. "Es quälte ihn, dass er seine Frau nicht sehen oder mit ihr sprechen konnte", sagte einer der Insider. Ghosns Bitte, seine Frau über Weihnachten sprechen oder sehen zu dürfen, sei abgelehnt worden.

Carole Ghosn hatte im vergangenen Jahr bereits bei US-Präsident Donald Trump und Frankreichs Regierung um Unterstützung für ihren Mann gebeten. Den Insidern zufolge war Carlos Ghosn auch besorgt darüber, dass seine Tochter und sein Sohn Anfang Dezember von der japanischen Staatsanwaltschaft in den USA vernommen wurden. Er sei davon überzeugt gewesen, dass die Behörden Druck auf seine Familie ausübten, um ein Geständnis von ihm zu erzwingen.

Nach einem Bericht des japanischen Senders NHK konnte sich Ghosn offenbar dank eines zweiten französischen Reisepasses absetzen. Japanische Behörden hätten Ghosn erlaubt, einen Extra-Pass in einem verschlossenen Koffer mit sich zu führen, während er unter Hausarrest stand. Den Schlüssel dazu hätten Ghosns Anwälte gehabt. Laut NHK wurde der Wohnsitz von Ghosn in Tokio am Donnerstag von der Staatsanwaltschaft durchsucht.

Kein Auslieferungsabkommen

Der einst hoch angesehene Top-Manager wurde erstmals im November 2018 in Tokio verhaftet. Gegen ihn liegen insgesamt vier Anklagen vor. Ghosn wird vorgeworfen, sein Einkommen als zu niedrig angegeben, Nissan um umgerechnet über fünf Millionen Franken geschädigt und sich persönlich bereichert zu haben. Ursprünglich solle der Prozess schon im vergangenen Herbst beginnen.

Ghosn zur Rückkehr zu zwingen wird schwierig, da Japan lediglich mit den USA und Südkorea Auslieferungsabkommen hat. Im Libanon, wo er aufwuchs und umfangreiche Investitionen in Banken und Immobilien hält, geniesst er Unterstützung aus höchsten Kreisen. Die japanischen Behörden haben sich bislang noch nicht offiziell zu Ghosns Flucht geäussert.

Ghosn war die treibende Kraft hinter der französisch-japanischen Auto-Allianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi. Der Manager bestreitet die Vorwürfe gegen ihn und sieht sich als Opfer einer internen Intrige bei Nissan wegen Widerstands gegen ein engeres Bündnis mit Renault. sda

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