Rückholaktion | Innerhalb von 20 Tagen aus 57 Ländern zurücktransportiert
200'000 gestrandete Deutsche zurück - «Zaandam»-Drama geht weiter
Knapp drei Wochen nach Beginn der Rückholaktion der Bundesregierung sind mehr als 200 000 wegen der Corona-Krise im Ausland gestrandete Deutsche wieder zu Hause.
"Das war nicht immer einfach und hat stellenweise etwas geruckelt, wie man es in dieser schwierigen Zeit auch erwarten kann", sagte Bundesaussenminister Heiko Maas der Deutschen Presse-Agentur. "Doch auf diese Leistung können alle Beteiligten stolz sein."
Die 200'000 deutschen Touristen sind innerhalb von 20 Tagen aus 57 Ländern nach Deutschland zurücktransportiert worden. Etwa 40'000 warten immer noch auf die Rückreise, die meisten in Neuseeland, Südafrika und Peru.
KREUZFAHRTSCHIFFE "ZAANDAM" UND "ROTTERDAM" IN DEN USA
Für 72 Deutsche endete am Wochenende eine besonders dramatische Odyssee, die Anfang März als Traumurlaub begonnen hatte. Die Passagiere des Kreuzfahrtschiffs "Zaandam", auf dem es mehrere Corona-Fälle und vier Tote gegeben hatte, trafen am Samstag in Frankfurt am Main ein. Die Reederei Holland America Line hatte sie von Miami über Paris ausgeflogen.
Das Drama um die "Zaandam" war am Sonntag aber noch nicht ganz beendet. Eine deutsche Passagierin wurde in einem Krankenhaus in Florida zunächst auf der Intensivstation behandelt, ihr Zustand besserte sich aber am Wochenende. Nach dpa-Informationen leidet sie an einer chronischen Lungenentzündung. Einen Befund, dass sie sich mit dem neuen Coronavirus infiziert hat, soll es bisher aber nicht geben.
Zwei weitere deutsche Passagiere haben leichte Grippe-Symptome und blieben nach Angaben des Auswärtigen Amts zunächst auf dem Schwesterschiff "Rotterdam", das aber nur bis Sonntag eine Ankererlaubnis in Fort Lauderdale hatte. Von vier Passagieren mit deutscher Staatsbürgerschaft wird vermutet, dass sie an ihre Wohnorte in den USA oder anderswo zurückkehrten.
Die "Zaandam" war am Freitag zusammen mit dem Schwesterschiff "Rotterdam" nach einer vierwöchigen Odyssee in den Hafen von Fort Lauderdale im Süden Floridas eingelaufen. Sie war am 7. März in Buenos Aires ausgelaufen und um das Kap Hoorn an der Südspitze Südamerikas gefahren.
In Chile sollte die Kreuzfahrt wegen der Ausbreitung des Coronavirus am 21. März vorzeitig beendet werden, was aber nicht gelang, weil dort die Häfen schon geschlossen waren. Die Durchfahrt durch den Panama-Kanal vom Pazifik in die Karibik wurde erst nach langem Ringen genehmigt und das Einlaufen in den Hafen von Fort Lauderdale im Süden von Florida erlaubten die Behörden auch erst nach einer Intervention von US-Präsident Donald Trump. Floridas Gouverneur Ron DeSantis hatte sich zunächst dagegen gesperrt. Die gesunden Passagiere, darunter die meisten Deutschen, waren schon vor der Ankunft in Fort Lauderdale von der "Zaandam" auf die "Rotterdam" gewechselt.
"ARTANIA" IN AUSTRALIEN
Für das an der Küste Westaustraliens liegende Kreuzfahrtschiff "Artania" wurde unterdessen wegen Corona-Infektionen eine 14-tägige Quarantäne verhängt, die am Freitagabend Ortszeit begann. Das Schiff, bekannt aus der ARD-Dokuserie "Verrückt nach Meer", liegt seit der vergangenen Woche im Hafen der Stadt Fremantle. Mehr als 840 Passagiere und Besatzungsmitglieder wurden bereits nach Deutschland geflogen, 23 Gäste und 13 Crewmitglieder kamen in australische Krankenhäuser, ein 69 Jahre alter Passagier war am Donnerstag gestorben. Mehr als 500 Besatzungsmitglieder sind aber noch an Bord der "Artania".
In Australien stammen etwa 25 Prozent der bisher mehr als 5500 bestätigten Coronavirus-Fälle sowie ein Viertel der bisher 30 Toten von Kreuzfahrtschiffen. Politiker zeigten sich deshalb alarmiert. Die Polizei will nun Ermittlungen im Zusammenhang mit der bereits Anfang März in Sydney angedockten "Ruby Princess" der britisch-US-amerikanischen Reederei Carnival einleiten. Damals gingen etwa 2700 Passagiere an Land und durchliefen nur minimale Gesundheitschecks - obwohl etwa ein Dutzend Reisende schon an Bord den Angabene zufolge Atemprobleme gehabt hatten. Ein Ermittlungsstrang könnte nun sein, ob die Schiffsbesatzung die australischen Behörden "transparent" über kranke Reisende und Crewmitglieder informiert habe, hiess es.
RÜCKHOLAKTION AUS MAROKKO
Als Teil der Rückholaktion wurden aus Marokko innerhalb von drei Tagen mehr als 4000 deutsche Touristen nach Hause gebracht. In dem nordafrikanischen Land sind derzeit aber noch Hunderte Reisende mit Wohnmobilen gestrandet, darunter viele Deutsche sowie Österreicher und Schweizer. Die Grenze zur spanischen Enklave Ceuta wurde geschlossen und der Fährverkehr wurde eingestellt. Viele Reisende hängen jetzt auf Park- und Campingplätzen im Land fest. Die marokkanischen Behörden haben inzwischen ausserdem Fahrverbote für Wohnmobile verhängt. Fahrer in anderen Landesteilen wüssten deshalb nicht, ob sie es überhaupt bis an die Nordküste schaffen würden.
WIE GEHT ES WEITER?
Wie lange die Rückholaktion der Bundesregierung noch dauern wird, ist unklar. Das Krisenreaktionszentrum im Auswärtigen Amt hat es zunehmend mit unzugänglicheren Gebieten und verstreuten Individualtouristen zu tun. "Wir bleiben am Ball! Wir werden uns weiter um Lösungen bemühen für die Reisenden, die noch nicht zurückkehren konnten", versprach Aussenminister Maas am Wochenende. Er hatte die Rückholaktion Mitte März gestartet, um zusammen mit Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften Reisende aus Deutschland aus den Ländern zurückzuholen, aus denen es keine regulären Flüge mehr gibt. Das Auswärtige Amt hat dafür auch selbst Flugzeuge gechartert.
NACHRICHTENÜBERBLICK INTERNATIONAL
Johns-Hopkins-Uni: Weltweit bereits über 65'000 Coronavirus-Tote
Weltweit sind US-Experten zufolge bereits mehr als 65'000 Menschen infolge der vom neuartigen Coronavirus verursachten Lungenkrankheit gestorben. Die Zahl der bestätigten Infektionen mit Sars-CoV-2 stieg bis Sonntagmittag auf mehr als 1,2 Millionen.
Dies geht aus Daten der Universität Johns Hopkins hervor. In Italien starben 15'000 Corona-Infizierte, in Spanien 12'000 und in den USA 8500.
Unter den am stärksten von der Lungenkrankheit Covid-19 betroffenen Ländern registrierte die Universität den höchsten Anteil an Corona-Toten bislang in Spanien und Italien. In beiden Ländern starben rund 25,5 Menschen pro 100'000 Einwohner.
Die Webseite der Forscher der Universität Johns Hopkins wird regelmässig mit eingehenden Daten aktualisiert und zeigt daher einen höheren Stand bestätigter Infektionen als die offiziellen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der US-Gesundheitsbehörde CDC.
Tokio mit Rekord an neuen Coronafällen - Schon über 1000 Betroffene
In Tokio sind am Sonntag weitere 143 Coronavirus-Fälle bestätigt worden, der bislang höchste Anstieg innerhalb eines Tages. Am Vortag waren 118 Menschen positiv auf das neue Coronavirus getestet worden und damit erstmals mehr als 100 Menschen innerhalb eines Tages. Damit zählt die japanische Hauptstadt bereits mehr als 1000 Infektionsfälle. Mit den inzwischen täglich steigenden Zahlen nehme zugleich der Druck auf Ministerpräsident Shinzo Abe zu, möglicherweise den Ausnahmezustand auszurufen, um eine weitere Ausbreitung des Erregers zu verhindern, so lokale Medien. Wegen des weltweit grassierenden Erregers waren kürzlich die in diesem Sommer in Tokio geplanten Olympischen Spiele um ein Jahr verschoben worden.
Bis Samstagabend (Ortszeit) befanden sich 817 infizierte Menschen in Tokioter Krankenhäusern. Nach Angaben der Stadtverwaltung wurden bislang rund 900 Betten für Coronavirus-Patienten reserviert. Tokios Gouverneurin Yuriko Koike erklärte, man werde voraussichtlich an diesem Montag zusätzlich weitere 100 Betten bereitstellen. Es gibt allerdings Zweifel, ob die Behörden bezüglich der Sicherstellung von Klinikbetten mit dem rasanten Anstieg der Fälle mithalten können.
Die Millionen-Metropole Tokio ist das am schlimmsten von Infektionen mit dem neuen Coronavirus betroffene Gebiet in Japan. Anders als in der Anfangsphase der Krise sind inzwischen deutlich weniger Menschen auf den Strassen zu sehen, nachdem die Behörden die Bürger aufgerufen hatten, am Wochenende zu Hause zu bleiben. Auch blieben diesmal mehr Geschäfte und Restaurants geschlossen als am vergangenen Wochenende.
Kirche in Seoul hält Drive-in-Gottesdienst ab
Einige Kirchen in Südkorea finden wegen der Verbreitung des Coronavirus neue Wege, um ihre Gottesdienste abzuhalten.
Während zahlreiche Sonntagsmessen als Vorkehrung gegen Ansteckungen mit dem Sars-CoV-2-Erreger online angeboten werden, entschied sich unter anderen die Seoul-City-Church zu Drive-In-Gottesdiensten für die Gläubigen. Die Teilnehmer sitzen und beten dabei in ihren Autos. Etwa 150 Fahrzeuge standen während der Messe auf einem Parkplatz.
Auch an anderen Orten finden solche Drive-In-Messen als Alternative zu den Online-Gottesdiensten von Kirchen statt.
Zahlreiche Kirche gerieten in den vergangenen Wochen in die Kritik, weil sie trotz der von den Behörden angeführten Kampagne zur Vermeidung sozialer Kontakte ihre Gottesdienste weiter in den Kirchengebäuden durchführten.
Wie die nationale Nachrichtenagentur Yonhap am Sonntag berichtete, will die Stadt Seoul rechtlich gegen die protestantische Sarang-Jeil-Kirche vorgehen, die trotz des Verbots von Massenansammlungen erneut eine Messe in ihrem Gebäude abgehalten habe. Die Stadt habe drei Beamte zur Kirche geschickt, um zu kontrollieren, ob die Massnahmen gegen die Verbreitung des Virus eingehalten werden. Mindestens zwei weitere Kirchen in der Hauptstadt hätten gegen die Verordnungen verstossen, hiess es.
Trotz eines zuletzt deutlichen Rückgangs der Corona-Neuinfektionen in Südkorea hatte die Regierung am Samstag erklärt, ihre Kampagne im Kampf gegen das Virus um zwei weitere Wochen zu verlängern. Am Samstag seien 81 neue Infektionen erfasst worden, teilten die Gesundheitsbehörden am Sonntag mit. Die Gesamtzahl erreichte 10 237.
Corona-Zahlen steigen in Spanien deutlich langsamer
Die seit gut drei Wochen anhaltende Ausgangssperre im von der Corona-Pandemie besonders schwer betroffenen Spanien zeigt offenbar Erfolge. Binnen der letzten 24 Stunden seien nur noch gut 6000 Neuinfektionen verzeichnet worden, teilte das Gesundheitsministerium in Madrid am Sonntag mit. Die Gesamtzahl stieg damit auf mehr als 130 000. Am Vortag waren in Spanien noch rund 7000 neue Ansteckungen gemeldet worden. Gleichzeitig wurden wieder fast 4000 an Covid-19 erkrankte Patienten innerhalb eines Tages als genesen entlassen. Damit sind mehr als 38 000 Betroffene wieder gesund.
Die Zuwachsraten sinken ebenfalls. Bei den Neuinfektionen fiel sie auf unter fünf Prozent, nach rund sechs Prozent am Samstag. Bei den Todeszahlen betrug die Rate knapp sechs Prozent. Der positive Trend, unter anderem auch bei der Zahl der Einweisungen in Krankenhäuser und Intensivstationen, wird von den Experten des Gesundheitsministeriums seit Tagen bescheinigt.
Auch die Zahl der neuen Todesfälle geht weiter zurück. Innerhalb von 24 Stunden starben den amtlichen Angaben zufolge 674 Menschen, die mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert waren. Damit wurden erstmals nach neun Tagen weniger als 800 neue Todesfälle registriert. Die Gesamtzahl kletterte bis Sonntag auf 12 418.
Ungeachtet der positiven Entwicklung ist Spanien weiterhin weltweit eines der am stärksten von der Krise betroffenen Länder. Das Virus zieht in Spanien vor allem die Regionen Madrid und Katalonien besonders stark in Mitleidenschaft. Ministerpräsident Pedro Sánchez kündigte am Samstag eine Verlängerung des seit dem 15. März geltenden Alarmzustands samt Ausgangsbeschränkungen um zwei weitere Wochen bis Mitternacht des 25. April an. Diese Entscheidung muss aber noch vom Parlament gebilligt werden.
Autorally trotz Corona-Regeln in Australien - 58 Geldstrafen verhängt
Trotz Corona-Krise und strikter Ausgehbeschränkungen haben sich in Australien zahlreiche Menschen zu einer Autorally getroffen. Die Polizei im Bundesstaat Queensland traf auf die Regelbrecher und etwa 150 Wagen im Parkhaus eines Warenlagers in Rochedale nahe Brisbane, wie sie am Sonntag mitteilte.
58 der Teilnehmer hätten Geldstrafen von umgerechnet je 740 Euro wegen Verstosses gegen die Versammlungsvorschriften kassiert. Viele hätten versucht zu flüchten, als die Beamten am Samstagabend anrückten.
In Australien sind derzeit Versammlungen im Freien von mehr als zwei Menschen verboten, es sei denn, sie gehören zum selben Haushalt. Zudem baten die Behörden die Einwohner, Sozialkontakte so gut wie möglich zu vermeiden und zu Hause zu bleiben.
Die 58 Teilnehmer der Rally, die Strafen bekamen, waren den Angaben der Polizei zufolge zwischen 17 und 30 Jahre alt. Die Beamten zeigten sich "tief enttäuscht und frustiert" über dieses Verhalten. Solch eine "eklatante Missachtung gefährdet alle Einwohner von Queensland", sagte Steve Gollschewski, der stellvertretende Polizeichef und Krisenbeauftragte von Queensland.
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