Saastal | Meinungen sind geteilt
Kontroverse um jüdische Gäste
Dieser Tage sind vor allem im Saastal wieder viele jüdische Gäste anzutreffen. Während sich Touristiker und viele Ferienwohnungsbesitzer darüber freuen, gehen andere auf Distanz.
Sie sind auffällig gekleidet, tragen Schläfenlocken und geben sich nach aussen hin zurückhaltend. Die jüdischen Gäste, die schon seit vielen Jahren jeweils im Sommer ins Saastal in die Ferien kommen, sorgen (immer noch) für geteilte Meinungen. Während sich einige Ferienwohnungsbesitzer die Hände reiben, sind die Juden nicht überall gern gesehen.
Wichtiges Gästesegment
«Seit über zwanzig Jahren verbringen die jüdischen Gäste ihre Ferien bei uns im Tal», sagt Benita Zurbriggen, Geschäftsleiterin von Saas-Fee/Saastal Tourismus. Auch wenn sie «anders sind», schätze man doch ihre Anwesenheit. «Jeder Gast ist ein wertvoller Gast», führt Zurbriggen aus. Viele jüdische Gäste kommen aus Israel, aber auch europäische Juden finden den Weg ins Saastal. Auch innerhalb der Bevölkerungsgruppe gebe es sehr unterschiedliche Wahrnehmungen. «Während einige Juden sehr liberal eingestellt sind, halten sich vor allem streng orthodoxe Juden an die Glaubensvorschriften.» Das gehe in der Realität so weit, dass sich einige jüdische Gäste daran stören würden, wenn das Licht über einem Bewegungsmelder angeschaltet würde. «Aber das ist eher die Ausnahme. Die meisten Juden haben sich mittlerweile den hiesigen Bedingungen angepasst und sind ein wichtiges Gästesegment für unsere Region», unterstreicht Zurbriggen.
Schwieriger Umgang
Das sehen längst nicht alle so. Obwohl sich viele Ferienwohnungsbesitzer und Geschäfte inzwischen auf die Eigenheiten der jüdischen Gäste eingestellt haben – in einigen Lebensmittelgeschäften gibt es mittlerweile sogar koschere Produkte zu kaufen –, sorgen die Juden mit ihrer auffälligen Kleidung und ihren Schläfenlocken mitunter für Argwohn. «Diese Leute wirken arrogant auf mich», sagt eine Touristin in Saas-Almagell und ein einheimischer Ferienwohnungsbesitzer, der nicht genannt werden will, vermietet keine Wohnungen mehr an jüdische Gäste. «Der Umgang mit diesen Leuten und ihre Extrawünsche sind nicht immer ganz einfach», begründet er seine Entscheidung. Demgegenüber sagt Benita Zurbriggen von Saas-Fee/Saastal Tourismus, dass die Vorurteile gegenüber jüdischen Gästen kaum noch vorhanden seien. «Wir haben praktisch keine Anregungen, weder von anderen Gästegruppen noch von Einheimischen.» Das wiederum zeige, dass die Toleranz und das Verständnis gegenüber diesen Menschen gewachsen sei. Trotzdem bewerbe Saas-Fee/Saastal Tourismus diese Gästegruppe nicht aktiv. «Das hat aber damit zu tun, dass sich inzwischen auch die jüdischen Gäste auf unserer Buchungsplattform informieren und Buchungen selbst vornehmen.»
Walter Bellwald
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