Währungsschwankungen
«Grenzgänger erhalten nicht schlagartig 20 Prozent mehr Lohn»
Seit Mitte Januar gilt kein Euro-Mindestkurs mehr. Mit dieser Aufhebung stehen unter anderem Grenzgänger, die im Oberwallis arbeiten und in Italien leben, auf der Gewinnerseite.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat die im September 2011 eingeführte Untergrenze am 15. Januar überraschend per sofort aufgehoben. Gewisse Branchen, wie der Tourismus und die Export-Wirtschaft stehen als grosse Verlierer da. Aber es gibt auch Gewinner - etwa die sogenannten Grenzgänger.
«Einkommen bleibt gleich»
Dass die Arbeitnehmenden aus Italien plötzlich 20 Prozent mehr Lohn erhalten, ist jedoch nicht der Fall, wie der Dienstchef vom Departement für Volkswirtschaft, Energie und Raumentwicklung, Peter Kalbermatten, auf Anfrage erklärt.
«Die Grenzgänger erhalten nicht schlagartig 20 Prozent mehr Lohn. Das für Konsumzwecke verfügbare Einkommen bleibt für jeden Arbeitnehmer das gleiche. Es geht einzig um eine währungsbezogene Differenzierung», erklärt Kalbermatten. «Geht man davon aus, dass der Grenzgänger alles in Italien kauft und mit Euro bezahlt, erhöht sich tatsächlich im Verhältnis zum Schweizer infolge der Währungsverschiebung seine Kaufkraft, falls der Schweizer alles in der Schweiz kauft; aber in der Praxis ist es nicht immer so klar.»
Bestimmung einer anderen Währung zulässig
Müssen Grenzgänger möglicherweise mit Lohnanpassungen rechnen? Kalbermatten meint dazu: «Wenn überhaupt nur in dem Sinne, als dass die Lohnzahlung für eine gewisse Zeit in Euro erfolgt. Das Arbeitsrecht sieht nämlich vor, dass Löhne in gesetzlicher Währung - also in Schweizer Franken - zu zahlen sind, wenn nichts verabredet oder üblich ist.»
Die Bestimmung einer anderen Währung sei somit grundsätzlich zulässig. Bei der Festlegung einer solchen vertraglichen Lohnreduktion seien indes verschiedene arbeitnehmerrechtliche Schutzbestimmungen zu beachten, namentlich das Diskriminierungsverbot gemäss Freizügigkeitsabkommen, das Verbot, Dumpinglöhne zu bezahlen, Mindestlohnvorschriften in Gesamtarbeitsverträgen oder etwa das Gleichbehandlungsgebot. «Es ist nicht ausgeschlossen, dass gewisse Unternehmungen trotzdem die Auszahlung des Lohnes an Grenzgänger in Euro als eine Massnahme zur Überbrückung kurzfristiger Einbussen in Erwägung ziehen werden.»
«Mehr Konsum in Italien»
Gerade in grenznahen Gebieten gebe es einen Einkaufstourismus in den Euroraum, zudem werden die Preise gewisser Importprodukte in der Schweiz billiger und schliesslich würden Grenzgänger auch in der Schweiz konsumieren. «Der Umstand, dass der Grenzgänger mit seinem jetzigen Lohn mehr in Italien konsumieren wird, wird aber wahrscheinlich keinen grossen Einfluss auf die Walliser Wirtschaft haben. Er wird deswegen wohl nicht weniger oder mehr im Wallis konsumieren.»
Ganz allgemein geschehe durch die Aufwertung des Frankens kurzfristig nichts, da der Schweizerfranken in den letzten 40 Jahren immer wieder grossen Schwankungen ausgesetzt gewesen sei. «Langfristig sollte sich die Aufwertung wieder auf einem normalen Niveau einpendeln. Falls nicht, müssen Effizienzsteigerungen oder Kosteneinsparungen getätigt werden», meint Kalbermatten weiter.
Immer wieder Reaktionen
«Der Schweizer Arbeitsmarkt mag zwar kurzfristig als äusserst interessant erscheinen, sollte jedoch die Situation längerfristig bestehen bleiben, verliert er schnell wieder an dieser neugewonnenen Attraktivität.» Im Übrigen werde die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative wohl auch bezüglich Grenzgänger Einschränkungen nach sich ziehen.
In einer Marktwirtschaft kann es laut Kalbermatten immer wieder zu solchen Reaktionen kommen: «Das heisst aber nicht, dass der Kanton die Entwicklung nicht aufmerksam verfolgt und versuchen wird, in seinen Möglichkeiten die Rahmenbedingungen zu beeinflussen bzw. zu helfen.» Bei einer Überbewertung des Frankens sei kurzfristig etwa denkbar, Einbrüche unter gewissen Voraussetzungen durch die Ausrichtung von Kurzarbeitsentschädigung aufzufangen, wie dies bereits 2011/2012 der Fall war. «Diesbezüglich muss aber auch das Seco seine Zustimmung geben.»
Ob, wie und vor allem welche Auswirkungen die Entkoppelung des CHF vom EUR für die Wirtschaft hat, werde sich jedoch erst in den nächsten Monaten zeigen.
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Kommentare
Realo - ↑0↓0
Die Masseneinwanderungsinitiative kann getrost in der Schublade bleiben - die Zuwanderung wird einbrechen, unter Umständen sogar ins minus fallen.
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Oeconomics - ↑0↓0
Stimmt wahrscheinlich.... Euro Kurs macht's möglich