FIFA | Bundesanwalt gerät weiter in die Defensive – hat er über ein Treffen mit Arnold nicht die ganze Wahrheit gesagt?
Lauber und die Oberwalliser
Wollte Rinaldo Arnold bei der Bundesanwaltschaft Informationen für seinen Freund Gianni Infantino beschaffen? Arnold wehrt sich gegen diesen Vorwurf und sagt, er wollte sich bei Bundesanwalt Lauber lediglich für einen Job bewerben. Wenn das stimmt, hat Lauber vor der Aufsichtsbehörde nicht die ganze Wahrheit gesagt. Das Trauerspiel rund um den Bundesanwalt ist damit um eine Walliser Anekdote reicher.
Der Briger Gianni Infantino mag den Visper Sepp Blatter nicht, ist aber mit Rinaldo Arnold, ebenfalls aus Brig, befreundet. Dieser ist Oberwalliser Oberstaatsanwalt und per Du mit André Marty aus Gampel. Der war früher Journalist, heute ist er Medien- und Fürsprecher, das linke Ohr und die rechte Hand von Michael Lauber.
Lauber ist nicht Walliser. Aber Bundesanwalt. Als oberster Strafverfolger des Landes wollte er sich die FIFA vorknüpfen, also den Weltfussballverband, den Sepp aus Visp so gross gemacht hat und der jetzt von Gianni aus Brig präsidiert wird. Daraus ist bis heute nichts geworden. Weil Lauber sich selbst im Weg steht. Und auch wegen einer unglücklichen Verkettung von… Oberwallisern.
Lauber, Marty, Infantino und Arnold trafen sich mehrmals. Aber nicht zur Weindegustation, sondern um über Sachen zu sprechen, was Lauber nicht protokollieren liess. Und an die sich die Beteiligten danach nicht mehr so gut erinnern konnten. Was blöd ist. Denn Bundesanwalt Lauber hatte zum Zeitpunkt, als die Treffen stattfanden, weitreichende Verfahrenskomplexe offen, in denen die FIFA involviert ist.
Bei anderen Verfahrensparteien wiederum könnte dies den Eindruck erwecken, dass Lauber sich auf die eine Seite schlägt. Der Bundesanwalt bietet Angriffsflächen. Und wenn der Schiri unter Verdacht steht, parteiisch zu sein, hat er ein Problem. Er hat das Spiel nicht mehr im Griff. Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft, die AB-BA, intervenierte, um die Entscheide des Bundesanwalts unter die Lupe zu nehmen. Quasi ein Video-Beweis unter Juristen, aber mit politischem Zündstoff. Und es knallte.
Der Abschlussbericht des Disziplinarverfahrens stellte Lauber ein miserables Zeugnis aus: Der Bundesanwalt habe seine Amtspflichten «erheblich verletzt», sich illoyal verhalten, nicht die Wahrheit gesagt, Lauber habe die Untersuchungen der AB-BA behindert und sei die ganze Zeit hindurch uneinsichtig geblieben. Dem 54-Jährigen soll der Lohn gekürzt werden, fordert sie. Das ist nicht gelb, sondern dunkelrot. Gellende Pfiffe gibts obendrein.
Die Meinungen über Lauber gehen bei den Bundesparlamentariern weit auseinander. Trotzdem hatten sie ihn im vergangenen Herbst nochmals gewählt. Lauber selbst geht ins Gegenpressing, er will die von der AB-BA verfügte Lohnkürzung anfechten. Die Aussagen der Aufsichtsbehörde seien eine «reine Unterstellung». Wer sagt die Wahrheit, wer nicht? Um diese Frage zu seinen Gunsten zu beantworten, darf Lauber aber nicht auf die Oberwalliser zählen, im Gegenteil. Sie bleiben für ihn eine Hypothek, wie eine weitere Anekdote in diesem kuriosen Dossier zeigt.
Arnold wollte Job bei der BA
So hatten sich Lauber, Marty und Arnold schon mal getroffen, bevor das alles so richtig losging. Damals, im Juli 2015. Also kurz nachdem hochrangige FIFA-Funktionäre in Zürich hinter einem vorgehaltenen Leintuch verhaftet worden sind. Kurz nachdem Sepp Blatter als FIFA-Präsident wiedergewählt worden ist, um wenige Tage später seinen Rücktritt bekannt zu geben. Kurz nachdem Lauber an einer Medienkonferenz ankündigte, nun neun Terabyte an beschlagnahmten Daten auszuwerten, um den FIFA-Sumpf trockenzulegen.
Für die AB-BA steht deshalb fest: Arnold wollte damals bei Lauber und Marty an Informationen zuhanden von Infantino gelangen. Informationen, ob gegen Infantino etwas im Busch sein könnte bei der Bundesanwaltschaft. Und, so berichtet die NZZ, ob Lauber auch gegen Blatter sowie Michel Platini – Infantinos grössten Widersacher – ermittelt. Nützliche Informationen für einen Freund mit Ambitionen.
Vorwürfe, die Arnold aber vehement bestreitet. Er habe damals Lauber und Marty aus rein persönlichen Gründen getroffen. «Es handelte sich um ein informelles Vorstellungsgespräch», sagt Arnold auf Anfrage, «ich habe mein Interesse an einer Stelle bei der Bundesanwaltschaft bekundet.» Gleichzeitig kritisiert Arnold das Vorgehen der AB-BA scharf. Es sei schlichtweg an den Haaren herbeigezogen, dass die Behörde dieses Treffen nun in einen Zusammenhang zum FIFA-Verfahren stelle. Gianni Infantino, damals noch bei der UEFA, hätte nicht mal Kenntnis davon gehabt, dass er, Lauber und Marty sich treffen. «Infantino hat damit nichts zu tun.» Auch die FIFA hält gegenüber der NZZ fest: «Gianni Infantino hat im Juli 2015 niemanden damit beauftragt, den Bundesanwalt zu treffen.»
Wer sagt die Wahrheit, wer nicht? André Marty liess am Mittwoch eine kurzfristige Anfrage unbeantwortet. Gegenüber der AB-BA sagte er aus, beim damaligen Treffen sei es um «allgemeine strafrechtliche Themen» gegangen. Also ein bisschen fachsimpeln unter Kollegen. Michael Lauber sprach im Rahmen des Disziplinarverfahrens von einem «allgemeinen Austausch».
Dass Arnold bei ihm für einen Job vorstellig wurde, verschwieg er ganz offensichtlich der AB-BA, oder präzisierte es zumindest nicht. Lauber und die Oberwalliser – den, den er ursprünglich wollte, hat er immer noch nicht. Das Verfahren gegen Sepp Blatter ist auch nach über vier Jahren noch hängig.
David Biner
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