Umwelt | Wie gelangte das Lösungsmittel 1.4-Dioxan ins Visper Grundwasser?
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Lonza
Die Staatsanwaltschaft Oberwallis hat Ermittlungen gegen die Lonza aufgenommen. Das Visper Chemieunternehmen steht im Verdacht, zu hohe Mengen des gesundheitsgefährdenden Lösungsmittels 1.4 Dioxan ins Abwasser abgelassen zu haben.
Im Rahmen der Grundwasserüberwachung, welcher der Kanton anlässlich des Baus der Autobahn A9 eingerichtet hat, wurden Anfang 2014 im Grundwasser in der Nähe der Abwasserreinigungsanlage Visp 1,4-Dioxan-Belastungen von 770 und 530 Mikrogramm pro Liter (μg/l) nachgewiesen. Das Lösungsmittel steht im Verdacht, in erhöhter Konzentration Krebs zu verursachen.
Es wurden auch Analysen im Grundwasser entlang der Rhone durchgeführt, mit Ergebnissen zwischen <0.05 und 1.7 μg/Liter. «Diese Ergebnisse sind vergleichbar mit den Werten, die im Rahmen der Grundwasserüberwachung an anderen Orten in der Schweiz festgestellt wurden: 2012 lagen diese für Grundwasser, das von versickerndem Flusswasser gespeist wird, zwischen <0.05 und 1,5 μg/Liter», schrieb das Walliser Umweltamt seinerzeit in einer Medienorientierung.
Keine Belastung des Visper Trinkwassers
In der Folge wurden beim Trinkwasser zweier Gutsbetriebe westlich von Visp, die das Grundwasser auch als Trinkwasser nutzten, ebenfalls erhöhte Werte (34 und 18 μg/l) festgestellt. Sie wurden umgehend ans Trinkwassernetz der Gemeinde Visp angeschlossen. Dieses ist von der Belastung nicht betroffen.
Da die Lonza-Werke in Visp in ihrer Produktion 1,4-Dioxan einsetzt, verlangte die Dienststelle für Umwelt von der Firma, dass sie systematische Kontrollen durchführt und die Einleitung von 1,4-Dioxan in das Abwasser reduziert.
Einsatz im Tonnenmassstab in der Lonza
«In den Lonza-Werken wird Dioxan für Prozesse und in der Synthese im Tonnenmasstab eingesetzt. Dieses wird zum Teil nach dem Einsatz durch Destillation wiedergewonnen und meist im gleichen Prozess erneut eingesetzt. Abfallprodukte werden zum grössten Teil der Verbrennung in der Lonza zugeführt», erklärt Martin Clausen, Leiter Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz am Lonza-Standort Visp, auf Anfrage.
«Gelöst in Wasser dürfen seit Mai 2014 an die ARA Visp auf Anweisung der Walliser Dienststelle für Umweltschutz maximal 8 Kilogramm pro Tag abgegeben werden, davor waren es gemäss internen Regeln 10 Kilogramm. Fällt an einem Tag mehr des schwer abbaubaren Dioxans an, werden die wässrigen Lösungen verbrannt.»
Eine Menge, die laut Clausen nach Verlassen der ARA Visp zu einer für Mensch und Tier nach heutigen Erkenntnissen unbedenklichen Konzentration von Dioxan im Grossgrundkanal und in Oberflächengewässern führt. «Deshalb ist es wenig sinnvoll, sämtliche mit Dioxan belasteten wässrigen Phasen in der Lonza der Verbrennung zuzuführen. Warum Dioxan ins Grundwasser gelangte, ist Gegenstand laufender Abklärungen.»
Trotz der verfügten und von der Lonza umgesetzten Massnahmen in der Produktion mit Dioxan reichte die Walliser Dienststelle für Umweltschutz im Herbst 2014 bei der Staatsanwaltschaft Oberwallis eine Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Gewässerverschmutzung ein, wie Cédric Arnold, Chef der Walliser Dienstelle für Umwelt, einen Bericht des «Nouvelliste» vom Freitag bestätigt. «Es muss geklärt werden, wer in direkter Verantwortung für die hohen 1,4-Dioxan-Belastungen im Grundwasser in der Region der ARA Visp verantwortlich ist.»
Seit Juli wird gegen Lonza ermittelt
Da 1,4-Dioxan auch in Ölen und Fetten vorkommt, stellte die Staatsanwaltschaft Oberwallis auch in Richtung von Betrieben Nachforschungen an, welche neben der Lonza für die massive Gewässerverschmutzung in Frage kämen.
Offensichtlich mit wenig Erfolg. Denn seit Juli ermittelt die Staatsanwaltschaft Oberwallis nicht mehr gegen Unbekannt, sondern direkt gegen die Lonza-Werke in Visp, wie Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold auf Anfrage erklärt. «Das Ermittlungsverfahren gegen die Lonza im Zusammenhang mit den Dioxanbelastungen westlich von Visp ist im Juli eingeleitet worden. Es soll geklärt werden, ob die Lonza für die Gewässerverschmutzung zur Verantwortung gezogen werden muss.» Mit Verweis auf das laufende Verfahren wollte sich Arnold nicht zum Stand der Ermittlungen äussern...
zen
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Kommentare
Karl - ↑2↓7
Lieber Quincy. Von mir aus kann die Lonza den Laden dicht machen. Ich geh bald in Vorpension.
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Quincy - ↑2↓0
Lieber Karl, was sind Sie doch bloss für ein Egoist!!! Wer weiss? Vielleicht fehlt dann dem Kanton Wallis oder dem Bund ja plötzlich das Geld für Ihre AHV-Rente, ihre Ergänzungsleistungen und ihre sonstigen KK- und Gesundheitskosten-Unterstützungen, wenn dieses hypothetische Beispiel der Lonza in der Schweizer Wirtschaft Schule machen sollte. Aber eben: was kümmert Sie das schon? Ihr Denken ist eh nur: "Nach mir die Sinthflut !!!"
Hans - ↑22↓6
Nach jahrelanger Tätigkeit in der Lonza,kann ich bestätigen das in der die Vorschriften nicht immer eingehalten werden und es gelegentlich zu Pannen kommt...aber wo wollen wir sonst arbeiten...im Reservat Wallis.
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Thomash - ↑23↓4
Genau das ist ja die Problematik Hans. Die Lonza ist hier in der Region schlichtweg DER Arbeitgeber. Das sollte aber nicht heissen, dass diese Firma mit der Region alles machen kann was sie will. Viel zu lange hat man nur immer wegen ihres Status weggeschaut und alles in Kauf genommen. Was nun wirklich alles auf die Lonza zurückzuführen ist, das sei mal dahin gestellt. Es bringt nichts, jetzt alle "schwarze Peter" der Lonza zuzuspielen, aber es ist richtig, dass diese Firma - und auch andere - in Augenschein genommen werden und das zwar richtig!
Ich wohne unweit von diesem Werk und dass wirklich alle grauen, braunen, rötlichen, gelblichen, bläulichen etc.. Wölkchen für alle und alles ungefährlich sind, die da vom Wind umher geweht werden... ? Ich weiss nicht, es geht manchmal ziemlich farbenprächtig zu in der Lonzastadt und in ihrer näheren Umgebung.
Karl - ↑19↓10
So viele Krebskranke wie in den letzten Jahren gab es im Oberwallis noch nie. Man riecht den süsslichen Duft bis nach Mörel. Dieser Duft kann nur von der Lonza kommen.
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Quincy - ↑4↓4
Lieber Karl. Die Walliserinnen und Walliser sind ja so unglaubliche Engelchen und Gesundheitsfanatiker/innen, wenn's um Alkohol und Nikotin geht. Und was diese beiden Noxen so alles anrichten, sehe ich in meiner Tätigkeit tagtäglich. Aber eben: seit dem ganzen Quecksilbertheater ist die Lonza offenbar DER ideale Prügelknabe und Sündenbock! Ihr macht wirklich noch so lange, bis euch die Lonza-Verantwortlichen die lange Nase zeigen werden und den Laden endgültig dicht machen!!!
Murmulta - ↑16↓10
Man hört viel von Krebserkrankungen. Aber gibt es wirklich eine Häufung? Wo ist die Statistik dazu?
Paul - ↑14↓11
Traurig, dass man seinen Giftmüll immernoch in den Fluss kippen kann, ist nur eine Frage der Verdünnung?!
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Thomash - ↑24↓8
Warum dauert es immer so lange bis reagiert wird? Anfangs 2014 wurde der Schlammassel entdeckt und Mitte 2015 wird mal "verdächtigt" und dann muss man dann halt auch "ermitteln".
Täglich gelangt viel Industriemüll in Luft, Wasser und Erde. Der Müll wird einfach "verbrannt" oder nur mal so "verdunsten" gelassen oder einfach "ausgekippt", das Resultat ist ja nun einmal mehr ersichtlich. Doch was passiert? Sehr wahrscheinlich mal wieder nichts, denn .. solange sich solche Firmen immer wieder hinter der altbewährten Floskel "Für Mensch, Tier und Umwelt bestand keine Gefahr" verstecken können, tut sich rein gar nichts.
Klar ist die Lonza der grösste Arbeitgeber in der Region, doch welchen Preis zahlen wir dafür?
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